Legendenschild in Sickingmühle erinnert an früheren Gemeindevorsteher
MARL. Marler, die ihn noch persönlich kannten, wird es wohl nicht mehr geben. Denn Theodor Albers starb vor weit mehr als 100 Jahren. Bis heute jedoch erinnert eine Straße im hohen Norden Marls an den früheren Gemeindevorseher sowie den Hof seiner Familie. Passende Zusatzschilder wurden im März von der Marler Bürgerstiftung im Rahmen des Projekts „Straßengeschichten“ enthüllt. „Viel weiter nach Norden kann man in Marl nicht kommen, sonst bekommt man nasse Füße“, merkt Vorsitzende Uta Heinrich bei der Enthüllung neuer Legendenschilder in Sickingmühle an. Dieses Mal steht nämlich die Straße „Alberskamp“ im Mittelpunkt, die nah am Kanal entlang verläuft. Ihren Namen verdankt sie dem alten Sickingmühler Hof Albers, der hier in unmittelbarer Nähe zum Wasserwerk lag.
Historiker Matthias Pothmann berichtet vor Ort über die historischen Hintergründe: „Eine Familie Albers ist für den Raum Sickingmühle bzw. Hüppelswick, wie der Ort früher synonym genannt wurde, mindestens seit etwa 1520 nachgewiesen. Die Familie war damals dem Haus Ostendorf auf der anderen Lippeseite, einem alten kleinen Adelsgut, hörig. Immer wieder finden sich in Schriftquellen Vermerke zu Haus und Familie Albers.“ So scheinen in verschiedenen Kriegen immer wieder Soldaten und Söldner auf dem Hof einquartiert gewesen zu sein. Schadenslisten über die Einquartierung von Franzosen während des Holländischen Krieges im 17. Jahrhundert geben Auskunft über geklaute Lebensmittel oder zerstörtes Mobiliar. Aufgrund seiner eher einsamen Lage im damaligen Niemandsland war er begehrt, um dort Halt zu machen.
Besonders ein Albers steche historisch hervor, so Pothmann weiter. Theodor Albers, Vater von 9 Kindern, war von 1863 bis 1872 Gemeindevorsteher der früheren Gemeinde Hamm. „Als solcher hatte er niedrige administrative Aufgaben zu erledigen und offizielle Bekanntmachungen zu verkünden. Er wurde als lebensfroh und von kleiner Statur beschrieben. Den Zeitgenossen besonders in Erinnerung geblieben ist sein Ritt mit dem Pferd zur Kirche in Hamm-Bossendorf. Dort soll er das Glockengeläut zum Sieg der Preußen im Deutsch-Französischen Krieg 1871 veranlasst haben. Ob es die Schnelligkeit des Ritts oder die allgemeine Freude über den Sieg war, ist nicht mehr herauszufinden. Doch Theodor Albers blieb mit seinem Ritt auf dem Pferd entlang der Lippe noch lange Zeit im Gedächtnis der Menschen.“ Der Hofname Albers geht auf den Vornamen Albert zurück. Als „Alberskamp“ wurden sodann die Felder und Wiesen des Hofes bezeichnet.
Nur wenige Jahre Jahrzehnte später musste die Familie den Hof aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen und zog weg. Doch auch die neuen Eigentümer blieben nicht lange, sodass Hof und Land 1955 an die Chemischen Werke Hüls verkauft wurden. Uta Heinrich führt aus: „Wir können heute nichts mehr von diesem alten Marler Hof sehen, der so viel Geschichten erzählen könnte. Doch seine Historie und seine Bewohner leben ein Stück fort, da dieser Straßenname an sie alle erinnert. Es ist doch toll, wenn wir damit ein weiteres Stück Marler Geschichte ein wenig lebendig machen können“.
Der Alberskamp ist die 55. Straße, die im Projekt vorgestellt wurde. An mehr als 120 Standorten in Marl hängen bereits Zusatzschilder der Marler Bürgerstiftung. Auch das neueste wurde vom NRW-Heimatscheck gefördert.